Subskription Jahrgang 2022
Nach nahezu 3 Wochen Aufenthalt in Bordeaux konnten wir uns ein umfangreiches Bild über den Jahrgang 2022 machen. Kurz zusammengefasst, zählt der Jahrgang zur Spitze dessen was wir in unserer Karriere bis dato verkostet haben. Niemand in Bordeaux erwartete ein derartiges Ergebnis.
Der 2022er Sommer nämlich war mit konstanten Temperaturen bis zu 41°C ungewöhnlich heiß. Der Unterschied zum ebenso sehr heißen Jahrgang 2003 jedoch, im Jahrgang 2022 war der gesamte Sommer heiß und trocken. Die Pflanzen konnten sich von Anfang an aklimatisieren, die Beeren waren kleiner, das Blattwerk entsprechend angepasst und adaptiert. Nicolas Audebert, Direktor und Winemaker auf Chateau Canon, Berliquet und Rauzan Segla meinte zu uns: „Wenn man den ganzen Frühling und Sommer im Büro sitzt und dann 2 Wochen Urlaub an der Sonne macht, bekommt man einen Sonnenbrand. Wenn man aber im Frühling beginnend immer wieder draußen in der Natur ist, sich an die Sonne gewöhnt, ist die Gefahr einen Sonnenbrand zu bekommen deutlich verringert, da man adaptiert ist.“
Und genau das war für die Reben im Jahrgang 2022 der Fall. Ein weiterer, ganz wesentlicher Faktor in den mittlerweile 20 Jahrgängen zwischen 2003 und 2022, die Weinberge werden nunmehr völlig anders bewirtschaftet, back to the roots. Bewusst pflanzt man Gräser, Blumen und Bäume zwischen den Reben und Rebzeilen, Biodiversität ist das Schlagwort. All dies hilft den Wasserhaushalt im Weinberg besser in den Griff zu bekommen. Die Gräser verschatten den Boden, halten Tau und Feuchtigkeit besser, bieten Lebensraum für Würmer, verringern die Verdunstung und reduzieren die Oberflächentemperatur. Das Wurzelwerk von Bäumen kommuniziert mit den Rebwurzeln, so von mehreren Studien nachgewiesen. Die Bäume, noch vor 10 Jahren aus den Rebanlagen verbannt, spenden Schatten, bieten Lebensraum für Vögel und Insekten, die Flor und Fauna im Weinberg stabilisieren. Das ursprüngliche Erscheinungsbild heutiger Weinberge war noch vor Jahren nahezu verteufelt. Viele Güter berichteten uns, dass die Weinberge zur Lese grün waren.
All das führte dazu, dass auf großen Terroirs mit alten und tief wurzelnden Pflanzen, insbesondere auch auf kühlen Terroirs mit höherem Lehmanteil nahezu magische Weine entstanden. Perfekte Reife einerseits, Frische andererseits, das charakterisiert die Topweine des Jahrganges 2022. Zudem tiefdunkle Farben aufgrund der kleinen Beeren, zudem satte Tanninwerte, und niedrige pH Werte, aber partiell leider auch deutlich reduzierte Erträge.
Im Medoc deutlich reduzierter als am rechten Ufer. Ob mit Christian Moueix (Trotanoy, Lafleur Morange, …) , der den Jahrgang qualitativ mit 1982, 1989 und 2009 verglich, oder Philippe Bascaules (Chateau Margaux), der den Jahrgang als den besten seiner Karriere sieht, 2022 wird in die Geschichte eingehen.